ST. JOHANNES
Die Auferstehung klingt immer mit
Jazz-Trio beeindruckt 150 Zuhörer mit der „Easter Suite“ von Oscar Peterson.
Von Hermann Schmid


Königsbrunn: Ungewohnte Passionsmusik erklang am Sonntagabend in der evangelischen Johanneskirche. Die „Easter Suite“ des weltbekannten kanadischen Jazzpianisten Oscar Peterson (1925 – 2007) ist selten zu hören, weil ihr Schöpfer das Werk nur einmal, 1984 vor den Fernsehkameras der BBC, aufführte und nie zu Papier brachte.
Die Bielefelder Jazzmusiker Olaf Kordes (Piano) und Wolfgang Tetzlaff (Kontrabass) haben diese Aufnahmen mehr als 20 Jahre später in Noten übertragen. Sie führen es seit 2006 zusammen mit Karl Godejohann (Schlagzeug) wieder auf.
Doch nicht nur diese Entstehungsgeschichte hebt das Werk von gewohnter Kirchenmusik zur Karwoche und zu Ostern ab. Die neun Sätze, die das Geschehen vom Letzten Abendmahl bis zur Auferstehung in Ausschnitten musikalisch aufgreifen, erklingen mitunter entspannt, fast heiter – etwa der Abschnitt, der die Nacht im Garten von Gethsemane wiedergibt, als Jesus bittet: „Mein Vater, ist’s möglich, so gehe dieser Kelch an mir vorüber.“
Und wenn Peterson anschließend intoniert, wie Petrus kurz darauf Jesus dreimal verleugnet, dann zieht das Tempo deutlich an – vielleicht ein Hinweis auf den Stress, unter dem der Jünger steht. Nur gelegentlich wird die Musik vertraut bildhaft: Trommelwirbel eröffnet die Passage, die das Verhör vor Pontius Pilatus wiedergibt.
Nach dem Matthäus-Evangelium:
Damit die Zuhörer in der 45 Minuten langen Aufführung nicht die Orientierung verlieren, wird zu jedem Satz die entsprechende Lithografie, die Otto Dix 1960 zum Matthäus-Evangelium gefertigt hat, an eine Leinwand projiziert. Die dazugehörigen Texte haben die Zuhörer in einem Handzettel erhalten.
Peterson nähert sich dem Thema ganz anders als klassische Komponisten, kann und will mit der für ihn typischen Trio-Besetzung auch gar nicht deren Dramatik kopieren.
Im siebten Satz, den letzten Worten Jesus am Kreuz gewidmet, schafft er Betroffenheit mit ruhigen, melodiösen Pianosoli, die Bass und Schlagzeug mit wuchtigen Passagen auffangen. Am Ende ist nur noch ein schwächer werdender Bass zu hören. „Dieser Satz ist traurig, aber er geht nicht ins Moll“, erläutert Olaf Kordes nach dem Konzert, Peterson wolle nicht das Leiden Jesu in den Vordergrund stellen. „Es scheint überall die Auferstehung durch – auch eine theologische Botschaft.“
Und diese Auferstehung zelebriert Peterson im akzentuierten Schlusssatz, der das Atemlose der Nachricht in schnellen Pianoläufen und Trommelwirbeln ausdrückt.
Begeisterter Applaus und Bravo-Rufe der Zuhörer, die unter anderem auch noch eine Jacques-Loussier-Version von Bachs 5. Brandenburgischem Konzert und Oscar Peterson Ode an Martin Luther King „Hymn to Freedom“ zu hören bekamen.
Augsburger Allgemeine, 13.04.2011