Passion aus Jazz und Swing

Am Karfreitag führte in Mahlerten das Jazz-Trio Kordes-Tetzlaff-Godejohann die „Easter Suite“ von Oscar Peterson auf

Mahlerten.  Es sind ungewöhnliche Klänge, die den Innenraum der St. Bartholomäuskirche in Mahlerten erfüllen. Schließlich ist Karfreitag, kurz nach 15 Uhr. Zur Sterbestunde Jesu erklingen beschwingte Rhythmen von Piano, Kontrabass und Drums, deren mitreißender Schwung Füße und Köpfe wippen lassen.  Plötzlich aber zucken die Besucher zusammen, denn die Trommelschläge werden rau, unnachgiebig, bilden den drängenden Aufmarsch der Häscher nach, und Schlagzeuger Karl Godejohann legt ein machtvolles, geradezu brutales Solo hin. Diese ganz besondere musikalische Passionsgeschichte ist nun bei Verhör und Kreuzigung angelangt, und das Publikum hält den Atem an.

Denn hier wird die „Easter Suite“ des legendären kanadischen Jazzpianisten und Komponisten Oscar Petersen aufgeführt, die dieser im Auftrag der BBC 1984 komponierte. Eine echte Rarität, ein Stück, das zwischen den Stilen und zwischen den Welten steht und nur selten zu hören ist. Das Jazz-Trio Kordes-Tetzlaff-Godejohann hat es für Deutschland ganz neu entdeckt, wie Pianist Olaf Kordes verrät. „Es ist einfach ein faszinierendes Werk, das uns nicht mehr loslässt – wir treten damit jetzt seit 2006 regelmäßig auf, haben es auch mit großem Erfolg auf CD eingespielt.“  Dabei ist den Bielefelder Musikern vor allem eines  wichtig: „Es muss in Kirchen aufgeführt werden, nur im sakralen Raum kann es seine ganze Wirkung entfalten.“

Und natürlich – auch das weiß das Trio genau – ist es eine heikle Herausforderung für die Hörer. Schließlich ist es Petersons Anliegen gewesen, nicht die eigentliche Passion, sondern die Auferstehung zum zentralen Gedanken zu machen, also die Hoffnung, auch die Freude über die Erlösung musikalisch zu betonen. „Damit greifen wir am Karfreitag dem Ostersonntag gewissermaßen schon ein wenig vorweg, schaffen aber auch eine Brücke“, wie Olaf Kordes erklärt. „Wir haben aber bisher damit nur gute Erfahrungen gemacht.“

Und so begibt er sich an sein Instrument, gesellt sich in der kleinen Kirche in Mahlerten an die Seite von Kontrabassist Wolfgang Tetzlaff und Drummer Karl Godejohann. Gemeinsam entfalten sie in virtuosen Läufen und mit kraftvoller Intensität die neun Sätze, die vom letzten Abendmahl bis zur Auferstehung führen, wobei das Pastorenehepaar Andrea Haase und Bernd Ulrich Rüter, zusammen mit ihrem fünfzehnjährigen Sohn Ole und der Kirchenvorsteherin Regina Raffke dazwischen die entsprechenden Textabschnitte aus dem Matthäusevangelium lesen.

 So erfüllt eine eigentümliche Stimmung zwischen Euphorie und tiefer Versenkung, nachdenklicher Verinnerlichung und vorwärtsreibender Rhythmik das bis zum letzten Platz vollbesetzte Kirchenschiff; was am Ende mit einem langen, anerkennenden Applaus gewürdigt wird.

„Etwa 120 Menschen sind gekommen“, freut sich Pastor Bernd Ulrich Rüter schließlich, „und ich finde es großartig, dass alle Generationen dagewesen sind, auch mehrere Mitglieder unseres Seniorenkreises.“ Tatsächlich zerstreuen sich die Gäste nur langsam, treten schweigend in den Sonnenschein. Auch Etta Schellack, die extra aus Hildesheim gekommen ist. „Es war eine große Bereicherung für mich, das zu hören“, sagt sie. „Es ist gewagt, ganz sicher, aber es wurde so sensibel interpretiert, so voller Zwischentöne gespielt.“ Sie nickt, bevor sie sich in die Karfreitagsstille aufmacht, und bringt auf den Punkt, was den meisten Gästen noch deutlich ins Gesicht geschrieben steht: „Es hat mich tatsächlich sehr bewegt.“

 Text und Fotos: Kultur & Kommunikation (André Mumot)

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